Diesen großen Greifvogel hatte ich zuletzt erst noch Ende November in Norwegen angetroffen. Eigentlich wollte ich Kraniche (Grus grus) in ihrem Rast- und Überwinterungsgebiet hier oben auf gut 1.000 m Höhe NN beobachten und fotografieren. Diese Vögel brüten in Deutschland, Fennoskandia und in den Baltischen Staaten und nehmen dann eine westliche Zugroute durch Europa zu den Wintergebieten. Man schätzt, daß die Gesamtzahl der Vögel, die entlang der westlichen Route ziehen, bis zu 70.000 Individuen zählen. Die meisten davon 50.000—60.000, überwintern hauptsächlich in Spanien. Der Rest dann in Portugal und Marokko. Besonders ist, daß teils 70.000 Individuen im Oktober auf dem Wegzug und dann wieder im Februar/ März auf dem Heimzug zu sehen sind. In der Überwinterungsperiode sind deutlich weniger Individuen an der Lagune anzutreffen. Die Anzahl der überwinterenden Vögel ist wohl auch abhängig von dem, was die Bauern gerade anpflanzen.
Ich habe mir einen Kurztrip Anfang März vorgenommen. Bei tollem Sonnenwetter und trotz der Höhe bei angenehmen Temperaturen fahre ich von meiner Unterkunft in dem Örtchen Gallocanta zur direkt westlich gelegenen Laguna de Gallocanta. Dieses Gebiet hat den Status eines Refugio de Fauna Silvestre und ist gleichzeitig ein Ramsar-Schutzgebiet. Mit 6.720 ha ist es durchaus großzügig dimensioniert. Angeblich ist es der größte natürlich See in Spanien. Er weist eine Wasserfläche von ca. 1.500 ha aus. Eine gute Karte vom Gebiet ist auf der Website der Provinz Aragon zu finden. Das Besondere ist, daß der See weitgehend von Regenwaser gespeist wird, was teils dramatische Wassersstandschwankungen zur Folge hat. Während heißer Sommer soll der See wohl auch schon mal austrocknen. Aber jetzt ist ja Früh-Frühling. Es ist schon 13:00 als ich nach einer Pause nach dem Frühmorgenausflug wieder aufbreche. Die Sonne steht hoch. Als ich zu dem Aussichtsturm, dem Observatorio de La Reguera, komme, stehen nur wenige Beobachter auf dem stählernen Turm.
Einer der Birder mit einem scharfen Auge und einem Spektiv weist mich auf einen großen Adler am Seeufer hin. Ich bin beeindruckt. Das ist ja ein fast-adulter Steinadler (Aquila chrysaetos), der sich doch tatsächlich am Seeufer ausgeruht hatte und nun von 2 Kolkraben (Corvus corax) aufmerksam beobachtet wird. Ein nicht alltägliches Erlebnis. Damit hatte ich nun gar nicht gerechnet. Der Steinadler wird schließlich von den Rabenvögeln aufgescheucht und im Abflug noch eine Weile gehaßt. Im Flug sind schön die hellen weißen Felder auf den Handflügeln zu sehen, die zeigen, dass der Adler doch noch nicht ganz ausgewachsen ist. Der Schwanz zeigt allerdings schon keine weiße Basis. Schließlich kommt auch ein Roter Milan (Milvus milvus) angeflogen, der ebenfalls über dem Adler kreist. Dann ist der Adler leider auch schon hinter einer Kuppe verschwunden.
Das ganze Gebiet ist gerade zur Winter- und zur zeitigen Frühjahrszeit sehr interessant. Neben den Kranichen, überwintern (und teilweise brüten) auch wenige Großtrappen (Otis tarda), Triele (Burhinus oedicnemus), Merline (Falco columbarius), Brandgänse (Tadorna tadorna), Löffelenten (Anas clypeata), Rohrweihen (Circus aeruginosus), Kornweihen (Circus cyaneus), Wasserrallen (Rallus aquaticus), Kiebitze (Vanellus vanellus), Bergpieper (Anthus spinoletta) und weitere interessante Arten an der Laguna. Insbesondere ein paar interessante Lerchenarten (u.a. Kalanderlerche, Melanocorypha calandra) sind hier zu Hause.
Der See ist auf gut 1.000 m Höhe NN. Die Temperaturen im Winter können also knackig kalt sein. Jetzt ist es die wärmende Sonne von einem strahlend blauen Himmel, die für die angenehmen Temperaturen sorgt. Die umgebenden Felder haben Steppencharakter, wenn sie nun auch landwirtschaftlich teils intensiv genutzt werden. Der See, die Laguna de Gallocanta, liegt im Landesinnern mitten in Aragonien. Die Laguna ist jedes Jahr Schauplatz für über 10.000 Kraniche, die vor dem kalten Winter in Mitteleuropa flüchten und hier überwintern. Es ist ein beeindruckendes Naturschauspiel, wenn die Vögel jeden Morgen von ihren Schlafplätzen aus im seichten Wasser des Sees starten und auf umliegende Felder fliegen, um Nahrung aufzunehmen. Da ich zentral im Gebiet wohne, kann ich die Zeit perfekt nutzen und den verschiedenen Vögeln tagsüber ohne Probleme mit dem Auto folgen und die Kraniche auf jeden Fall abends wieder beim abendlichen Einflug an die Schlafplätze im See beobachten.
Wer in das nördliche Spanien fahren will, muß aus Mitteleuropa einen langen Weg mit dem Auto auf sich nehmen. Der nächste Flugplatz ist zwar in Saragossa ungefähr in der Mitte der Region Aragonien. Er wurde auch mal eine Weile von RyanAir angeflogen. Jetzt aber muß man sich wohl doch mit Barcelona begnügen. Das ist noch mal gut 250km und damit recht weit entfernt.
Um mit der wachsenden Nachfrage nach guten Fotoaufnahmen der selteneren Arten der Paläarktis Schritt zu halten, ist Bird-Lens.com sehr daran interessiert, den Umfang der Bilder der Vögel in der Westpaläarktis weiter auszubauen. Reisen zu abgelegenen Orten wie Finnland im Winter oder im Frühjahr nach Spanien, um Bilder von seltenen Vögeln der Westpaläarktis zu machen, waren sehr erfolgreich. Das schöne Bild, das Sie zu diesem Blog finden, ist nur ein Vorgeschmack dessen, was Sie in der Galerie “Picture-Shop” finden. Geben Sie mir einfach Bescheid, wenn ich Ihnen mit einem zusätzlichen Bild dienen kann.