Es ist noch stockdunkel, als wir uns in der Lobby des Hotels von Eilat treffen. Wenig später stehen wir schon auf einer Landstraße am Berghang des Mount Yoash. Ein frischer Frühlingsmorgen, die aufgehende Sonne im Osten. Schnell ist es taghell. Ein weiterer Tag an der Südspitze Israels, dem südlichen Hotspot für die Zugvogelbeobachtung westpaläarktischer Vögel. Früh am Morgen muß man aber auch raus, um die besten Stehplätze zu ergattern.
Der Falkenbussard (Buteo buteo vulpinus), oder im Englischen Steppe Buzzard, ist in Eilat einer der ersten Greife, die ziehen. An guten Tagen beginnt der Zug bereits vor 8:00 Uhr. Dann passieren die Vögel die Stadt zwischen Sholmo und Mount Yoash in etwa 300-400 Meter NN. Im Laufe des Vormittags verschiebt sich der Zug normalerweise ein wenig nach Nordwesten auf das Gebiet zwischen Mount Yoash und Moon Valley. Der Vogelzug kann sich aber auch nach Südosten, direkt nach Eilat verlagern, wenn im Negev schlechtes Wetter herrscht. Der Wespenbussard (Pernis apivorus) bildet Ende Mai den Abschluß des Zugvogelgeschehens im Frühjahr. Rund eine Million Vögel dieser Art ziehen innerhalb von nur zwei Wochen durch das Gebiet, In manchen Jahren ziehen die Vögel sogar im Laufe von nur einer Woche durch. Anfang Mai sinkt die Temperatur nachts normalerweise nicht unter 25 Grad Celsius, was bedeutet, daß die Vögel nicht warten müssen, bis sich die Luft nach Tagesanbruch erwärmt. Deshalb sieht man bereits im Morgengrauen die ersten Wespenbussarde tief zwischen den Bergen kreisen. An sehr heißen Tagen sind die Osthänge der Berge dicht mit rastenden Wespenbussarden besetzt. Diese sind am Spätnachmittag des Vortages völlig erschöpft eingetroffen und müssen erst wieder zu Kräften kommen, bevor die Reise nach Norden weitergeht.
Zugbilder bekommt der Fotograf am ehesten frühmorgens zwischen 7:00 und 9:00 Uhr. In dieser Zeit ziehen viele Greifvögel niedrig vorbei. Eine gewisse Hartnäckigkeit ist allerdings nötig, da sich der Zug immer wieder verschiebt, wenn der Wind aufgrund des Temperaturanstiegs umspringt. Ist erst einmal eine Stelle ausgesucht, von der man fotografieren will, läßt sich in der Regel nicht mehr gut ein Standortwechsel vornehmen. Oft ist es dazu auch zu spät, deshalb bleibt nur geduldiges Warten. Ziehen dann Hunderte von Greifvögeln dicht an einem vorbei, so daß der Flügelschlag der Steppenadler (Aquila nipalensis) hörbar ist, dann hat sich die Geduld ausgezahlt.
Im Laufe des Frühjahrs mischen sich auch andere Arten unter den Zug, z.B. kommt der Schwarze Milan (Milvus migrans) in recht großer Zahl vor. Auch Schmutzgeier (Neophron percnopterus), Fischadler (Pandion haliaetus), Schlangenadler (Circaetus gallicus) und Zwergadler (Hieraaetus pennatus) sind im April fast täglich zu sehen. Am Nordstrand von Eilat, dicht an der jordanischen Grenze, sind zahlreiche aus der Akababucht hereinziehende Greife zu sehen. Dabei handelt es sich besonders um Schwarze Milane, Rohrweihen (Circus aeruginosus), Steppenweihen (Circus macrourus), Wiesenweihen (Circus pygargus) und Kurzfangsperber (Accipiter brevipes). Hier ist der Vogelzug oft am Spätnachmittag zu beobachten. Dann benutzen die Vögel die Akababucht als Leitlinie, und viele rasten auf den Kibbuzfeldern nördlich von Eilat oder in der spärlichen Vegetation von Ein Evrona. Fast alle diese Greifvögel sind unterwegs zu ihren Brutplätzen in Europa oder in das Gebiet nördlich des Kaspischen Meeres. Nur wenige Greife bleiben den Sommer über als Brutvögel in Israel. Bei den Greifvögeln in Israel handelt es sich größtenteils um Standvögel oder Kurzstreckenzieher.
Insgesamt herrschen optimale Fotoverhältnisse im Süden Israels; besonders die Lichtverhältnisse in Eilat und Umgebung sind überragend. Es sind erstaunlich hohe Belichtungszeiten möglich. Die hellen Berge reflektieren das Licht so stark, daß selbst die Unterseite der fliegenden Vögel gut ausgeleuchtet ist. Licht und Luft in den Bergen von Eilat sind frühmorgens an den meisten Tagen für Fotoaufnahmen ideal geeignet.
Alles zeichnet sich aufgrund der geringen Luftfeuchtigkeit scharf und kristallklar ab. Nach 10 Uhr ist allerdings meist Schluß mit diesen guten Bedingungen, da sich die Luft im Laufe des Vormittags häufig mit Wüstenstaub anreichert. Am Spätnachmittag kehrt das gute Fotolicht zurück, die Temperatur sinkt ein paar Grad. Jetzt steigt auch die Aktivität der Vögel wieder und für den Fotografen ist die Temperatur auszuhalten.
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