Nur wenige 100 Meter entfernt vom Trubel an der Piste und dem kahlen „Gipfel“ des Feldbergs gibt es einige Pfade, die kaum von Wanderern frequentiert sind und außerdem mitten durch eine einmalige Gebirgswelt führen: Mannshoher Eisenhut (Aconitum napellus), üppige Trollblumen (Trollius europaeus), Geflecktes Knabenkraut (Dactylorhiza maculata), und Scheuchzers Glockenblume (Campanula scheuchzeri) stehen direkt am Weg. Oben in der Fichte singt vielleicht eine selbstzufriedene Ringdrossel (Turdus torquatus) und mit ein wenig Glück sieht man einen Dreizehenspecht (Picoides tridactylus) an einer toten Kiefer, die ihm die wichtigen Großkäfer im verrottenden Baum liefert. Dieser Vogel, lange Zeit im Schwarzwald verschollen, eroberte aber in den letzten Jahren verlorenes Territorium zurück. Der Specht stochert meist gelassen in dem dichten Geflecht aus Flechten, Rinde und totem Holz nach Spinnen und Käfern. Das wirklich erstaunliche an diesem Vogel ist seine geringe Fluchtdistanz. Ich habe schon Dreizehenspechte aus vier Metern Entfernung beobachten können. Besonders gerne fotografiere ich im Bannwald. Unter den vom Borkenkäfer gemeuchelten Fichten kommt schon wieder die Buchenverjüngung hervor, von der Morgensonne effektvoll in Szene gesetzt. Die knorrigen und bizarren Baumformen, das „Totholz” und die heimlichen Bewohner des Bergwaldes bieten an sonnigen und diesigen Tage genügend Möglichkeiten, sich als Fotograf auszuleben.
Bedingt durch die Eiszeiten, die Höhe und die Nähe zu den Algen hat sich am Feldberg im Schwarzwald eine ganz eigene, teilweise noch weitgehend unberührte Landschaft erhalten. Die Gletscher der pleistozänen Eiszeiten formten Berg und Tal und trieben einige Tier- und Pflanzenarten von den Alpen auf die Schwarzwaldgipfel.
Obwohl ein Teil des Feldbergs seit rund 1.000 Jahren als Weide genutzt wurde und der Urwald völlig verschwand, hat sich an unzugänglichen Hängen lange ein ursprünglicher Wald gehalten. Heute ist er teilweise von der Forstverwaltung zum
Bannwald erklärt. Es stoßen also zwei Welten aufeinander. Auf der einen Seite die auf die Pflege des Menschen unbedingt angewiesene Kulturlandschaft der Hochweiden und auf der anderen Seite vollkommen aus der Nutzung genommene, urtümliche Wälder. Darin eingebettet sind Flach- und Hochmoore mit einmaligem Pflanzeninventar. Bei einer Durchschnittstemperatur von 3°C und einer Niederschlagsmenge von knapp 2.000 mm im Jahr herrschen hier nahezu skandinavische Klimaverhältnisse. Im Vergleich zum nahegelegene Kaiserstuhl ist das dreimal mehr Regen bei deutlich niedrigeren Temperturen (Kaiserstuhl: 9,9°C und 700 mm) Daher finden hier hochspezialisierte Lebewesen ein Refugium. Sehr früh hat man die Besonderheit des Feldbergs erkannt, und bereits in den 30iger Jahren wurde er zu einem der ersten Naturschutzgebiete in Baden-Württemberg erklärt. In dem 42 Quadratkilometer großen Naturschutzgebiet gilt ein striktes Wegegebot.
Der Feldberg lohnt sich zu jeder Jahreszeit: Der Frühsommer bietet im Juni bunte Hochweiden, der Hochsommer blühende Hochstauden in den Bergmischwäldern, der Herbst Inversionswetterlagen und auch der Winter findet hier oben tatsächlich noch statt. Bevor der Winter mit Macht einsetzt, kann man noch die Tage der Inversionswetterlagen für Landschaftsaufnahmen nutzen. Dann versinkt das Rheintal im kalten und klammen Nebel, und vom Feldberg bietet sich ein Blick auf ein weißes Tuch über dem Tal, ein leuchtendes Meer. Die Tage sind mild und klar, der Herbstwald am Feldsee leuchtet in allen Farben.
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