Weiche Kontaktrufe verraten einen Specht. Ein Blick durch das Fernglas: eindeutig Weißrückenspecht (Dendrocopos leucotos). Sehr gut sind die weißen Bänder auf den zusammen gefalteten Flügeln zu erkennen. Eher wie ein Kleinspecht (Dendrocopos minor) sieht er aus. Nur größer. Dann sehe ich ihn auch eindeutig im Fernglas. Der Weißrückenspecht, der mir seinen Rücken zukehrt, scheint aber ein doch Jungtier zu sein. Ich muß Heidi, die es anfangs gar nicht kapiert, noch anhalten. Ein kurzes “Kichern”. Ich erkenne, daß es 2 Vögel sind. Einer wirkt leicht unfertig, etwas zerzaust. Wohl ein Jungvogel. Der andere wahrscheinlich eines der Elterntiere. Aus dem Augenwinkel sehe ich dann die 2 Weißrückenspechte aufsteigen und dann auch schon wegfliegen. Schnell verschwinden die beiden Spechte den Hang hinauf. Kurz entschlossen hechte ich hinterher. Nach gut 30 Metern harre ich aber aus. Ich spiele die Kontaktrufe von Band ab. Auch das typischen lang anhaltende Trommeln soll den Specht locken. Leider keine Rückmeldung. Es macht wohl keinen Sinn den Weißrückenspecht durch den kroatischen Karst weiter zu verfolgen.
Der Hang wirkt auf Anhieb sehr offen. Jedoch liegt und steht eine Menge Totholz im Steilhang. Dazwischen große Felsblöcke, die ein zügiges Vorankommen ebenfalls behindern. Leider kein Foto. Immerhin eine gute Sichtung.
Wir waren schon eine ganze Weile auf dieser Bergtour bis auf 1.150 m NN. zum Bergsattel des Strazbenica gelaufen. Immer wieder wurden tolle Aussichten auf die Berge und auf die kroatische Adriaküste geboten. Irgendwann aber kehren wir um. Wir haben noch eine Strecke zurück vor uns. Es herrscht ein sehr gutes Wetter zum Wandern. Immer wieder ziehen dicke weiße Wolken vor dem blauen Himmel durch. Trotzdem herrschen angenehme Temperaturen. Beim Wandern sehen wir noch Weidenmeisen und Buchfinken. Auf 1.000m NN dann die oben beschriebene Sensation. Auf Anhieb war der weiche Ruf auffallend; wie bei einem Buntspecht, aber viel weniger hart im Anschlag. Wie beschrieben war der Hang erstens zu steil und zweitens zu unwegsam. Das Habitat kann als offener Wald nach einem Brand (Kiefer) in der Sukzessionsphase beschrieben werden. Viel stehendes, noch mehr liegendes Altholz. Dazwischen große Kalksteinblöcke, die aber nicht dominant sind. Das Feuer scheint noch nicht so lange (vielleicht 2-3 Jahre) durchgegangen zu sein. Der Aufwuchs findet mit Laubbäumen (Buche, Bergahorn) statt. Interessant ist, daß der Hang nach Nord-West exponiert ist. In den Alpen wird ja immer wieder die Süd-West-Ausrichtung eines Weißrückenspecht-Habitats beschrieben. Die Höhe über 0 paßt wiederrum sehr gut. Später stelle ich an Hand der Wanderkarte fest, daß dieses Waldstück gar nicht mehr zum Nationalpark gehört. Auch der tolle Buchenwald im Hang, den wir vorher gequert hatten, ist außerhalb des Parks. Die Habitatqualität erschien insgesamt im Gebirge des Velebit Naturparks sehr hoch; auch wenn doch ein gewisser Holzeinschlag zu beobachten ist.
Gemischte Buchen-Tannenwälder sind vorwiegend auf Höhen zwischen 800 und 1.200 m NN im Paklenica Nationalpark ausgeprägt. Das scheint gleichzeitig der relevante Lebensraum dieser Art zu sein.
Man kann sogar sagen, daß der kroatische Karst eine Hochburg des Weißrückenspechts ist. Bei einer wissenschaftlichen Studie kam heraus, daß der Weißrückenspecht der häufigste Specht in den alten Buchenwäldern war. Der Weißrückenspecht konnte in 31 der 117 untersuchten Gebiete in den Plitvicer Seen, Nord Velebit und Paklenica Nationalparks, Risnjak und dem Velebit Naturpark beobachtet werden. Ein Vogelliebhaber aus Mitteleuropa sollte zweimal nachdenken, ob es sich nicht lohnt, einen Ausflug in die kroatischen Karstgebirge zu unternehmen, wenn er diesen Vogel auf seiner Vogelliste benötigt.
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