Es bedarf keiner besonderen Anstrengung, einen Roten Milan zu sehen und ihn dann auch mal als Beleg zu fotografieren. Deutlich näher vor die Kamera muß man ihn schon bekommen, wenn es um aussagekräftige Flugaufnahmen geht. Wenig interessant ist, ihn in weiter Entfernung oder hoch oben am Himmel abzulichten.
Der geradeaus gerichtete Suchflug kann übergangslos in ein steiles Abwärtsgleiten mit leicht gewinkelten Flügeln bis dicht über die Erdoberfläche gehen. Das ist die Gelegenheit, die man finden muß. Der an das Herabstoßen folgende Abflug mit weit ausholenden, elastischen Flügelschlägen ist dabei fotografisch besonders eindrucksvoll. Eine frisch gemähte Wiese zieht den Roten Milan schon an, wenn die Traktoren noch beim Mähen sind.
Hat man die richtige Location entdeckt, müssen noch eine ganze Reihe von Bedingungen erfüllt sein, um mit Erfolgsaussichten den Auslöser betätigen zu können. Gute Lichtverhältnisse allein reichen nicht aus. Im Frühjahr oder im Sommer ist das Licht vor 17:00 h viel zu steil und zu hart und der Blauanteil ist auch viel zu hoch. Der Wind muß mit dem Sonnenstand weitgehend übereinstimmen, da sich die Milane im Flug gegen den Wind stellen. Mit dem Wind fliegend, ändert sich ihre Position so schnell, daß man sie aus dem Sucher verliert.
Neben den Roten Milanen sind auch Schwarze Milane (Milvus migrans) im Sommerhalbjahr auf Nahrungssuche. Häufig jagen beiden Arten gemeinsam. Sind die bisher genannten Bedingungen erfüllt, sehen die Chancen für Flugaufnahmen gut aus, falls mehrere Milane gleichzeitig anwesend sind. Zwei oder drei dieser Greife haben über einem frisch gemähten Feld oder einer gerade gemähten Wiese genug Ausweichfläche, um sich außerhalb der Fotodistanz im Luftraum zu bewegen. Teilen sich aber fünf der herrlichen Segelflieger diesen Bereich, wobei zum kreisenden Nachbarn ein bestimmter Abstand gehalten wird, nähern sich einzelne Exemplare bis auf Fotoentfernung, die bei Verwendung von Brennweiten um die 500-600 mm ab 30 Metern beginnt.
Während ihres kreisenden Segelflugs beobachten die Rotmilane die gerade geschnittenen Gras nach Freßbarem suchenden Lachmöwen (Larus ridibundus) und Rabenkrähen. Hat eine Möwe einen Nahrungsbrocken aus dem Abfall gezogen, wird er sofort von einem Milan in rasantem Sturzflug zur Abgabe der Beute genötigt. Auch in der Nähe kreisende Artgenossen sehen jetzt ihre Chance und beginnen eine Verfolgungsjagd, die dem Fotografen zeigt, was in einem Milan alles steckt. Der Verfolger reagiert blitzschnell auf Flugänderungen des Gejagten, so daß es für unser träges Auge wie ein Formationsflug aussieht. Dabei kommt es vor, daß der bedrängte Milan die ihn einschränkende Beute fallen läßt, die vom Verfolger in der Luft geschickt aufgefangen wird. Diese wilden Flugmanöver sollen und müssen in vielen Fällen bei der Verwendung von Brennweiten um die 500-600 mm schon deutlich früher als den o.a.30 Metern fotografiert werden. Den Vogel im Sucher zu verfolgen, kann sonst zu lange dauern.
Für die schnellen Bewegungsabläufe sind Verschlußzeiten ab 1/1000 s geraten. Es ist zu beachten, daß gegen einen strukturierten Hintergrund fliegende Vögel vom Autofokus nicht so einfach „einzufangen“ sind. Das wurde ja schon in einem Blog über die Flugfotografie von Rauchschwalben beschrieben. Viele Aufnahmen sind dann unscharf. Weiterhin sollte die Betriebsart auf „Schnelle Reihenaufnahme“ – das sind bei einem Profimodell inzwischen sehr anständige 14 Bilder/ sec. – eingestellt werden. An einer Canon EOS 1D X stelle ich gerne die Aufnahmen die Automatik auf M (manuell), stelle eine sehr kurze Verschlußzeit (z.B. 1/1250s) und stelle die Blende auf 8.0 um die Schärfetiefe nicht zu sehr einzuschränken, ein. Der AI-Servo muß selbstverständlich als AF-Betrieb eingestellt werden. Die bei der Blende-Verschlußzeit-Kombination in der ISO-Automatik zugespielten ISO-Werten sind in den meisten Fällen (bei sonnigem Wetter) in einer akzeptablen Größenordnung. Häufig verwendete ich Case 2 in der AF-Konfiguration (also die Einstellung, die vorübergehenden Hindernisse ignoriert) mit der Manuellen AF-Messfeldwahl in einer Zone. Im Verlauf des Shootings kann man dann mal weitere Einstellmöglichkeiten ausprobieren. So stelle ich dann gerne mal auf die AF-Konfiguration, bei der auf Motive sofort fokussiert wird, wenn diese in AF-Felder eintreten (Case 3). Das kann in Kombination mit der automatischen AF-Feld-Wahl zu sehr spontan wirkenden Nahaufnahmen des Roten Milans im Flug sorgen und damit die Gesamtausbeute weiter verbessern. Bei Verwendung von Brennweiten um die 500-600 aus dem Auto heraus, verwende ich ein Scheibenstativ. Manchmal kann man an einer ergiebigen Stelle aber auch ein Stativ mit einem Kugelkopf mit Schnellwechselplatte aufbauen. Vor allem wichtig ist der stabile, leicht bedienbare Stativkopf, der schon nach wenigen Minuten Fotoarbeit gute Dienste leisten kann.
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