Um 9:00 sind wir auf dem Parkplatz oberhalb des Walfang-Museums in Santa Cruz, der alten Fabrica da Baleia do Boqueirao. Die Fahrt startet am Porto do Boqueirao. Unten wartet schon Carlos auf uns, der – trotz Nebensaison – sogar das ganze Boot für diesen Trip voll bekommt. Ok, ein Samstag bei schönem Wetter. Bei nicht zu rauer See geht es rüber gen Corvo. Es wird der direkte Weg genommen. Der Trip dauert doch eine gute Stunde, was für Menschen mit Seekrankheit ein echter Alptraum sein kann.
Ich halte Ausschau nach pelagischen Vögeln. Aber den Dunklen Sturmtaucher (Puffinus griseus), oder einen Wellenläufer (Oceanodroma leucorhoa), die jemand Mitte Oktober mal zwischen Corvo und Flores gesichtet habe, sehe ich nicht. Nur Gelbschnabel-Sturmtaucher (Calonectris borealis). Endlich kommen wir am Hafen von Corvo an. Es ist leicht bewölkt und angenehm mild. Am Hafen warten schon Vans, die jetzt die Insassen der Boote hochfahren.
Es stellt sich heraus, daß die meisten Touristen sich hochfahren lassen und dann gleich wieder für den gleichen Preis (5,- €/ Person) wieder herunter bringen lassen. Wir aber wollen die schöne Caldeira über der dicke Nebelwolken sehen, richtig genießen und natürlich auf dem Weg zurück vom Kraterrand auch Vögel sehen. Dazu werden wir auf jeden Fall zurück wandern. Als wir aus dem Wagen springen, ist es doch merklich kühler und auch windiger als am Hafen. Hier ist nichts mehr von dem milden Klima der Azoren zu spüren. Dafür genießt man einen tollen Blick.
Für einen kurzen Augenblick kommt auch mal der blaue Himmel durch. Dann wieder verschwindet sogar der Kraterboden im Nebel. Eine Wandergruppe will runter zum Kraterboden laufen und sich dann am Kraterrand nach 3 Stunden wieder von den Vans abholen lassen. Ok, das ist auch eine Alternative. Als wir gerade aussteigen, scheuchen wir doch glatt eine Bekassine (Gallinago gallinago) auf. Corvo ist immer noch eines der wichtigsten Brutgebiete dieser ansonsten recht häufigen Schnepfe auf den Azoren. Die Bekassine muß direkt neben dem asphaltierten Parkplatz gekauert haben. Jedenfalls fliegt sie um die Autos herum und landet irgendwo auf der dem Krater abgewandten Hangseite. Die Nachsuche ist vergebens. Die einschlägige Website https://avesdosazores.wordpress.com/aves-dos-acores/especies-nidificantes-zonas-humidas/narceja-comum-gallinago-gallinago/ vermerkt: „..Corvo – Due to its small size and density of birds, the Cauldron and slopes are the places where it is easier to observe this species.“ Ansonsten hatten wir auf dem Weg hoch vom Auto aus schon Mönchsgrasmücke (Sylvia atricapilla), Amsel (Turdus merula) und Kanarengirlitz (Serinus canaria) gesehen. Wir klappern kurz den Kraterrand bis zu einer Wetterstation ab. Hier ist der Nebel so dick, daß man nun wirklich nichts mehr sieht. Also runter. Und das geht auch auf der asphaltierten Straße sehr gut. Viel ist natürlich nicht zu sehen. Immerhin sehen wir mal eine Türkentaube (Streptopelia decaocto) auf einem vertrockneten Holunderast sitzen. Da ist es bis zu den ersten Häuschen auch nicht mehr weit. Immer wieder hat man schöne Ausblicke auf die teils wolkenverhangene Insel Flores. Unter uns sind einfach nur grüne Weiden. Der Anblick erinnert eher an den von Irland. Südlichen Zauber sucht man hier vergebens. An einem ausgetrockneten Bachlauf – dem Ribeiro Lapa – halten wir an und schauen uns den mal genauer an. Einen nordamerikanischen Irrgast suchen wir aber – erwartungsgemäß – vergebens.
Nachdem wir die 6 km-Wanderung vom Kraterrand hinter uns gebracht haben, statten wir dem Alten Hafen, dem Porto Antigo von Corvo einen Besuch ab. Der Porto Antigo ist leicht zu finden. Direkt unterhalb von 3 alten Windmühlen befindet sich die betonierte Rampe ins Meer. Dicke Wellen mit ihrer Gischt hüllen den Hafen in eine salzige Feuchtigkeit. Gestern war hier u.a. ein Gürtelfischer (Megaceryle alcyon) gesichtet worden. Auf einmal fliegt ein grauer Vogel mit einer schwarzen Kappe und auffälligen weißen Flügelabzeichen ein. Er fliegt einen Vulkanfelsen an, wird von einer schäumenden Welle überrascht und fliegt wieder hoch. Schließlich rüttelt er über den weißen Schaumkronen. Super, das ist der Gürtelfischer. Da haben wir aber Schwein gehabt. Denn der kam von westlichen Felsen angeflogen. Den hätte man auch schnell übersehen können. Von den alten Windmühlen aus hat man noch einen schönen Blick auf die südliche Küste. Ein paar Birder sind in der Ferne zu sehen. Zu weit, um mit ihnen Kontakt aufzunehmen. Ohne Auto – oder Fahrrad – ist man auch auf Corvo in seinem Aktivitätsradius begrenzt. Ich behalte weiterhin den alten Hafen im Auge. Oh, da kommt ja noch eine Limikole angeflogen. Diesmal mal kein Steinwälzer (Arenaria interpres), von denen sich mindestens 4 auf der Slip-Anlage herumtreiben. Es ist ein Sanderling (Calidris alba) im kontrastreichen Jugendkleid. Gegen 15:00 legt Carlos ab und braucht auf dem Rückweg sogar noch mehr Zeit. Diesmal werden nämlich die ganzen Grotten, Steilfelsen und Wasserfälle abgefahren. Sehr eindrucksvoll und sehenswert. Gegen 17:30 sind wir wieder in Santa Cruz am gleichen Hafen, am Porto do Boqueirao in Santa Cruz. Carlos bekommt von jedem 35,- € für die Fahrt hin und zurück.
Die neun Azoren-Inseln erstrecken sich über gut 500 Kilometer mitten im tiefen Atlantik. Sie stoßen aus den ozeanischen Tiefen als einige der höchsten Berge auf der Erde. Der umliegende Ozean bietet reichhaltige Futterplätze nicht nur für Seevögel. Für wandernde Arten stellt der Archipel häufig die letzte Hoffnung auf Landung und Nahrung mitten im Ozean dar.
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