In einem Artikel über Birding in Corvo in bird-guides.com beschreibt David Monticelli das Jahr 2017 auf Corvo als wahrhaft ein Mega-Jahr.
Corvo hat sich im Western Palearctic (WP) –Ranking sowieso einen erstaunlichen Ruf erworben. Vor allem im Herbst sind dort immer wieder nearktische Raritäten zu erwarten. Die Liste der registrierten Arten der Neuen Welt wächst von Jahr zu Jahr und erreichte Anfang November 2017 105. Wie zu erwarten ist, steigt natürlich auch die Zahl der Vogelbeobachter
Während sich eine gewisse Beharrlichkeit der Besuche auf lange Sicht sicher auszahlt, ist der Aufenthalt im Herbst am „Ende der Welt“ auch vom Landschafterlebnis und dem Gefühl zusammen mit anderen Birdern Raritäten zu finden, besonders.
Bisher hat sich noch jeder Herbst in Bezug auf die Anzahl und die Qualität der beobachteten Arten deutlich von anderen Jahren unterschieden. Manche Jahre sind aber besonders durch anhaltende nearktische Ankünfte auf der Insel während des gesamten Oktobers gekennzeichnet. Eine gewisse – wenn auch nicht systematische – Korrelation scheint mit überdurchschnittlichen zyklonalen Aktivitäten im Nordatlantik an den vorangegangenen Tagen zusammen zu hängen. Das war besonders für die Jahre 2012 und 2015 so. Für 2017 galt das ganz besonders.
Die Länge der Hurrikansaison (1. Juni – 30. November) an der Ostküste der Vereinigten Staaten zu betrachten. Laut der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) produzierte der Herbst 2017 17 “benannte” Stürme, von denen 10 zu Hurrikanen wurden, darunter sechs große Hurrikane (Kategorie 3, 4 oder 5), unter denen die ersten zwei Hurricanes kontinental waren USA in 12 Jahren. Basierend auf dem Accumulated Cyclone Energy Index, der die kombinierte Intensität und Dauer der Stürme während der Saison misst und dazu verwendet wird, die Stärke der gesamten Hurrikansaison zu klassifizieren, war 2017 das siebt aktivste Jahr in der historischen Aufzeichnung von 1851 und war die aktivste Saison seit 2005.
Chronologisch gesehen war der September ein verheerender Monat für die östlichen USA und die Karibik. Anfang September traf Irma in der Karibik und im Südosten der USA ein, gefolgt von Maria in der Karibik und Puerto Rico Ende September. Es ist sehr wahrscheinlich, dass letzteres zusammen mit den damit verbundenen Depressionen die extrem beeindruckende Anzahl von Landstreichern erklärt, die von nur vier Vogelbeobachtern während eines Vor-Saison-Besuchs in Corvo zwischen dem 23. September und dem 2. Oktober aufgenommen wurden.
Auch Flores wird, wie die Ostseite von Corvo – von Weideland, Steinmauern, Hortensienhecken und dicht bewachsenen Tälern dominiert. Flores liegt sogar noch etwas weiter westlich. Die Insel ist aber viel größer und damit viel weniger übersichtlich. Obwohl ein Aufenthalt vom 2. Bis zum 20. Oktober auch auf Flores birdingmäßig gut war, konnte der Aufenthalt dort bei weitem nicht die Raritäten bieten, die in dem Artikel über Corvo beschrieben werden. An den Stürmen kann es nicht gelegen haben.
Die größte Besonderheit war noch ein Uferwaldsänger auch Drosselwaldsänger und auf Englisch Northern Waterthrush bzw. auf Portugiesisch Mariquita-boreal genannt. Auf jeden Fall war es eine Seiurus noveboracensis. Außerdem sah ich 2 Entenarten, die als Irrgäste zu bezeichnen sind. Eine davon stellt sich anfangs als Rotkopfente (Aythya americana) heraus. Später wird die Artbestimmung aber auf Ringschnabelente (Aythya collaris) korrigiert. Die andere Ente war eine Blauflügelente (Anas discors). Ansonsten gab es einige lokalitätsspezifischen Besonderheiten wie den Seidenreiher (Egretta garzetta), die Pfeifente (Anas penelope), die Dunkelente (Anas rubripes), eine weibliche Schellente (Bucephala clangula), einen Fischadler (Pandion haliaetus), einen Kiebitzregenpfeifer (Pluvialis squatarola), einen Sandregenpfeifer (Charadrius hiaticula), zwei Drosseluferläufer (Actitis macularia), einen Zwergstrandläufer (Calidris minuta), mindestens 2 grönländische Steinschmätzer (Oenanthe oenanthe) und mindestens 2 Schneeammern (Plectrophenax nivalis).
Nicht direkt viel, was den recht hohen Aufwand nach Flores zu fliegen, aus Twitcher-Sicht rechtfertigen würde.
Nachteilig stellte sich heraus, daß die Stürme den Verkehr zwischen beiden – gerade mal 30 km entfernt liegenden – Inseln unterbrach. Ein „kurzer“ Bootstrip von Flores nach Corvo war daher nur ganz am Anfang (6. Oktober) möglich, wobei man dann auch auf genügend andere Interessenten angewiesen ist, damit eine Bootsfahrt überhaupt stattfindet.
Erschwerend kam dazu, daß Meldungen über die Beobachtungen über Aves dos Açores (http://azores.avesdeportugal.info/ ) nur mit großer Verzögerung die Community erreichte und Beobachtungen über azoresbirdsightings (http://azoresbirdsightings.blogspot.de/2017/ ) gar nicht auf den aktuellen Stand gebracht wurden.
Es sei dem ambitionierten WP-Birdwatcher daher sicher angeraten, direkt ein paar Wochen auf Corvo einzuplanen. Bei den Massen an Beobachtern zur Hochsaison dürfte man da aber auch schon an Kapapzitätsgrenzen bei den Unterkünften stoßen.