Eine Wanderroute entlang der Laguna permanente führt den Besucher zu zwei Observatorien, die sich an einer künstlichen Lagune am rechten Ufer des Rio Guadiana befinden. Hier kann ich die ersten lauten krächzenden raspelnden Lautäußerungen der Drosselrohrsänger (Acrocephalus arundinaceus) aber auch die feineren, raspelnden Rufe der Teichrohrsänger (Acrocephalus scirpaceus) hören. Kurz schlüpft auch noch ein Blaukehlchen (Luscinia svecica) – evtl. auf dem Zug – durch die trockenen Schilfhalme am Ufer.
Entlang der Straße, die von Tarayes flankiert ist, können wir einige Singvögel, wie die Kalanderlerche (Melanocorypha calandra), die Haubenlerche (Galerida cristata) oder das Schwarzkehlchen (Saxicola rubicola) sehen. Am Ufer der Lagune zwischen den beiden Observatorien befinden sich die Überbleibsel eines Auenwaldes, der aus weißen Pappeln (Populus alba), dem Lebensraum der Nachtigall (Luscinia megarhinchos) besteht.
Ein Teichrohrsänger kommt dann direkt am Wegesrand mal auf eine Staude und zeigt scih im frühen Morgtenlicht. Inzwischen stellt sich aber die Frage, ob es sich hier wirklich (noch) um Teichrohrsänger oder doch um einen Afrikanischen Rohrsänger, nämlich eine Unterart des Gartenrohrsänger (Acrocephalus baeticatus) handelt. Die erste Studie von Olsson et al. (2016) analysierten die Phylogenie des eurasischen / afrikanischen Rohrsängerkomplexes (Acrocephalus scirpaceus – Acrocephalus baeticatus) und fanden acht unterschiedliche, geographisch gut strukturierte Abstammungslinien. Sieben dieser acht Abstammungslinien entsprechen den derzeit gebräuchlichen Taxa. Diese sind jene Rohrsänger der Gattung Acrocephalus mit den Artnamen scirpaceus, fuscus, avicenniae, moll, cinnamomeus, hallae und baeticatus).
Die Abstammungslinie, die derzeit keinen Namen hat, wird von den in Nordwestafrika und der Iberischen Halbinsel südlich von Katalonien brütenden Rohrsänger gebildet. Die Analyse zeigte jedoch, dass diese Gruppe das Taxon „Calamoherpe ambigua“ enthielt, das vor mehr als 150 Jahren von Brehm beschrieben wurde. Der Name war jedoch nie weit verbreitet. Die Autoren schlugen also die Wiederbelebung des Namens ambigua in der Form ambiguus vor, um sich mit dem Geschlecht der Gattung Acrocephalus grammatikalisch abzustimmen. Die Vögel, die diese Abstammungslinie bilden, sind eher klein und neben offensichtlich eine Mittelstellung zwischen Acrocephalus scirpaceus und Acrocephalus baeticatus in der Morphologie ein. Im Gefieder ähnelt sie jedoch eher dem Teichrohrsänger (Acrocephalus scirpaceus).
In den taxonomischen Implikationen der Studie empfahlen die Autoren den konservativsten Ansatz. Dies heißt alle diese acht Taxa als Unterart des Teichrohrsänger (Acrocephalus scirpaceus) zu behandeln. Sie schlugen auch andere alternative Behandlungen vor, z. B. das Erkennen zweier Arten (A. scirpaceus und A. baeticatus), aber mit unterschiedlicher Zusammensetzung der Unterarten (in diesem Fall ist Ambiguus in A. baeticatus enthalten). Ausweislich der vom deutschern Club 300 geführten WP Bird List mit allen 1011 Arten der Vögel der Westpaläarktis hat man sich für diesen Weg entschieden und führt nun in der Art Teichrohrsänger die Nominatform, A. scirpaceus scirpaceus, dann den Kaspirohrsänger (A. scirpaceus fuscus), Mangroverohrsänger (A. scirpaceus avicenniae) der Küste des Roten Meeres, den Oasenrohrsänger (A. scirpaceus ammon). Der Marokkanische Rohrsänger (A. baeticatus ambiguous) – im englischen Ambiguous Reed Warbler genannt – ist damit eine Unterart des Gartenrohrsängers (Acrocephalus baeticatus).
Die Autoren der o.a. Studie hatten auch weitere Alternativen vorgeschlagen. U.a. eine, die drei Arten (A. scirpaceus, A. baeticatus und A. ambiguus) berücksichtigt hätte. Der radikalste alternative Ansatz wäre, alle acht Linien als vollständige Arten zu behandeln.
Von den für die Vögel Nordwestafrikas und der Iberischen Halbinsel als Alternativen in die engere Wahl kommenden Möglichkeiten:
Acrocephalus baeticatus ambiguus (Afrikanischer Rohrsänger) oder
Acrocephalus ambiguus. Der englische Name “Marokkanischer Rohrsänger” also “Moroccan Reed Warbler” oder “Ambiguous Reed Warbler”
Es ist nun also die 2. Variante zum Zug gekommen. Es lohnt sich immer wieder, auch die aktuellen taxonomischen Diskussionen zu verfolgen. Nicht nur in fernen Ländern sind Neubestimmungen möglich. Manchmal sind sie direkt vor unserer Haustür zu finden.
Von den beiden bestehenden Observatorien bietet das zweite eine bessere Sicht auf die Lagune und den Eingang des Guadiana-Flusses in den Nationalpark. Während des Winters ist die Beobachtung des Kormorans (Phalacrocorax carbo sinensis) häufig möglich. Im Frühjahr brütet die Zwergdommel (Ixobrychus minutus), im Schilf. Man kann das ganze Jahr über den Zwergtaucher (Tachibaptus ruficollis) sowie den Haubentaucher (Podiceps cristatus) sehen. In dieser Lagune sind neben der Stockente (Anas platyrhynchos) auch häufig viele andere Entenarten zu entdecken. Die Weiden (Salix purpurea, Salix alba) des Ufers dienen den Seidenreihern (Egretta garzetta) und den Nachtreihern (Nycticorax nycticorax) als Brutbäume. Abbrüche der Böschung entlang des Kanals sind die Heimat des kleinen Eisvogels (Alcedo athis). Von überhängenden Zweigen gehen sie auf ihre Beute fischen. Trupps von Flughühnern (Pteroclididae sp.) fliegen im heißen Sommer über die Lagune auf der Suche nach ihren Tränken. Mit etwas Glück kann man auch den Fischotter (Lutra lutra) im Guadiana-Kanal sehen
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