Mit den ersten Sonnenstrahlen steht das Männchen des Gartenrotschwanz (Phoenicurus phoenicurus) auf einem Ast der Echten Walnuss, auch Nussbaum (Juglans regia) genannt. Schon zuvor war ein hart angeschlagenes „hüit“ aus einer Fliederhecke (Syringa sp.) zu hören. Damit wollte der Vater wohl ein Junges locken. Eine wunderschöne Maskenzeichnung ziert den Kopf. Gesichtsfeld und Kehle sowie die Partie direkt über dem Schnabel sind schwarz, die Stirn sowie ein auslaufender, bis zu den Ohrdecken reichender Überaugenstreif hingegen ist – auffallend – reinweiß. Nacken, Oberkopf und Rücken sind grau. Beim Gartenrotschwanz ist der schwarze Kehllatz auf die Kehle beschränkt, halbrund und scharf von der Brust abgegrenzt. Die Brustpartie ist dagegen lebhaft rostrot gefärbt. Das Bürzel und die Oberschwanzdecken sind ebenfalls kräftig rostrot. Wenig später kommt auch das eher unscheinbare Weibchen aus dem Dickicht. Dann hat sich die Nistplatzwahl im Blog über den Gartenrotschwanz am Brutkasten also als erfolgreich herausgestellt.
Gartenrotschwänze halten sich bekanntlich in Hecken und Gebüschen der offenen Kulturlandschaft auf, wie sie noch in vielen Teilen Deutschlands vorkommen. Vor allem das Männchen sitzt vor der Brutplatzwahl gut sichtbar auf seiner Warte in Obstgärten oder offenen Landschaften mit Baumbesatz und versucht ein Weibchen anzulocken. Gartenrotschwänze bevorzugen die Ansitzjagd. Als typischer Ansitzjäger jagt er von einer erhöhten Sitzwarte aus und hält Ausschau nach Flug- und Bodeninsekten und anderen Beutetieren. Manchmal läßt er sich von seiner Warte einfach fallen. Manchmal fliegt er als guter Flieger die Beute bis zu einer Entfernung von 50 m zielgenau im Gleitflug an. Mit dem Schnabel greift er die Beute. Anders als z.B. der Neuntöter (Lanius collurio) ernähren sich diese Vögel nicht nur von Großinsekten. Reptilien, Jungvögeln und Kleinsäugern stehen gar nicht auf seinem Speiseplan. Teile der Beute werden auch nicht an bestimmten Plätzen, den sogenannten „Schlachtbänken”, aufgespießt.
Während der Gesang des Gartenrotschwanzes vorwiegend aus variablen, vorwiegend weichen Lauten besteht, ähnelt der Lockruf dem des Hausrotschwanzes (Phoenicurus ochruros), ist aber flötender und somit dem des Fitis (Phylloscopus trochilus) nicht unähnlich. Manchmal wird auch ein stimmloses tek angehängt. Wie auch beim Hausrotschwanz kann dieses Element auch den schnickernden Warnruf einleiten, also etwa hüit-tick-tick.
Ein interessanter Artikel befaßt sich mit dem Phänomen der Rotschwanz-Hybriden und sei jedem näher interessierten Vogelfreund ans Herz gelegt. Auch das Thema Mischsänger wird im Detail untersucht. Im Artikel steht insbesondere im Fokus wie variabel Hybriden gefärbt sind, wie sie singen und rufen und wann und wo sie beobachtet werden. Die Analyse an 121 wilden Hausrotschwanz-Gartenrotschwanz-Hybriden aus Europa und Nordafrika mit einem Überblick über Verbreitung, Phänologie, Lebensraum, Biometrie, Phänotypen und Rufen wird vorgestellt. Die Meldungen von Hybrid-Rotschwänzen haben in den letzten 30 Jahren nämlich deutlich zugenommen. Solche Vögel scheinen sich in Bezug auf die Wahl des Lebensraums eher an Hausrotschwänzen zu orientieren. Es wurden keine wilden weiblichen Hybriden gefunden, was aber auch mit der Ähnlichkeit weiblicher Exemplare beider Arten zusammenhängen könnte. Es gibt besonders viele Hybriden, die dem typischen „östlichen Hausrotschwanz“ also Phoenicurus ochruros phoenicuroides ähneln. Bemerkenswert ist, daß der Gesang der Hybriden in Struktur und dem Vorhandensein des „kratzenden“ Teils dem Hausrotschwanz, jedoch in Tempo und Strophenlänge eher dem Gartenrotschwanz entspricht.
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