An einem Wadi wollen wir uns die Beine vertreten. Wir stiefeln ein wenig auf dem sandigen Boden. Je nachdem wohin man tritt, tritt man tief ein. Wie Kacheln liegen die Überreste der lehmigen Schicht nach der Austrocknung auf dem Boden. Das Wadi hat also zeitweise durchaus schon mal Wasser. Die Büsche sind teils noch grün, teils schon braun. Die Büsche aus Tamarisken sind bis zu 1,5 Meter hoch; meist aber deutlich niedriger bis runter auf Kniehöhe. Die Büsche zur Straße hin sind höher und tendenziell grüner.
Das könnte doch mal ein Habitat für die Wüstenprinie (Scotocerca inquieta) – oder Wüstendickichtsänger, wie er heute heißt, sein. Ich spiele den Ruf ab. Keine Antwort. Als wir schon wieder zurückkehren wollen, scheuchen wir auf einmal einen beigefarbenen Vogel unter einem Gebüsch auf. Wow, das ist doch der Pharaonenziegenmelker (Caprimulgus aegyptius), der neuerdings Pharaonennachtschwalbe genannt wird. Ich denke wir scheuchen 3, mindestens aber 2 Exemplare auf. Der Flug geht nicht weit. Noch innerhalb des Wadis fliegen die Pharaonennachtschwalben unter den nächsten Busch. Dort scheuchen wir ein Exemplar wieder auf. Sehr schöne Flugfotos und auch einige Aufnahmen von im Schatten ruhenden Pharaonennachtschwalben sind möglich.
Es setzt sich aber auch eine Pharaonennachtschwalbe ganz frei – und durch das Gefieder gut getarnt – in den Sand in vielleicht 20 Metern Entfernung von mir. Wenn der Pharaonenziegenmelker sich in den Schatten setzt, ist er auch gar nicht so schlecht auszumachen; natürlich wenn man weiß, wo er ungefähr sitzt. Interessant ist trotzdem, daß wir bei weitem nicht jeden abgeflogenen Pharaonenziegenmelker auch wirklich wiedergefunden haben. Ganz im Gegenteil, war die Wiederfindungsquote wohl unter 30%. Diese Vögel nehmen also ggf. auch kleine „Abwanderungen“ auf ihren kleinen Beinchen von einem Busch zu benachbart stehenden Gebüschen in Angriff.
2 Tage später bin ich bei Sonnenaufgang wieder im selben Gebiet. Ohne viel Federlesen ist just zu Sonnenaufgang um 6:30 die altbekannte Stelle erreicht. Ich schnappe mit das Einbein und auch den Blitz. Super, nun kann es losgehen. Zur Sicherheit mache ich noch ein paar Habitataufnahmen von der Ziegenmelker-Location. Hinter mir höre ich die ganze Zeit einen melodischen, recht eintönigen, klaren Gesang. Es ist die Wüstenläuferlerche (Alaemon alaudipes), wie ich mich nach einigem Nachdenken erinnere. Insgesamt 5 Exemplare des Kronenflughuhns (Pterocles coronatus) fliegen über mich am stahlblauen Himmel hinweg. Ich laufe das Gebiet auch noch weiter ab. Ich scheuche noch einen, vielleicht 2 weitere Pharaonenziegenmelker auf. Insgesamt scheinen mindestens 3 Exemplare dieses Wadi als Heimat auserkoren zu haben. Ich schrecke die Pharaonenziegenmelker dann auch immer wieder auf, da sie nie weiter als ca. 50m entfernt in einem pointierten, eher langsamen Flug – er wird ja mit dem der Sumpfohreule (Asio flammeus) verglichen – fliegen um dann wieder Zuflucht unter einem Gebüsch zu suchen. Manchmal sitzen sie aber auch ganz offen auf dem Boden.
Alles in allem verbringe ich gut 1 Stunde an dieser schönen, zunehmend wärmer werdenden Stelle verbracht. Es ist Zeit, auch noch anderen Plätzen meine Anwesenheit zu gönnen. Wir fahren die Straße zurück. Aber nur gut 20 km. Dann lasse ich noch an einem anderen, etwas spärlicher bewachsenen, Wadi halten, das mir auf der Hinfahrt aufgefallen war. Die steile Straßenböschung rutsche ich hinab und mache mich dann auf bewährte Art und Weise auf den Weg. Nichts! Rein gar Nichts. Keine Saharagrasmücke (Sylvia deserti), Wüstenprinie, geschweige denn ein Ziegenmelker.
Ein Wort noch zu dem Wadi. Schnell sehen wir bei unserem Besuch, daß die wohl schon lange anhaltenden Temperaturen weit über 30 Grad und nur wenig Regen die Böden hat austrocknen lassen. Die Lehmböden bekommen dann tiefe Risse. Das sind schlechte Zeiten für die Böden. Durch die anhaltende Hitze und Trockenheit können sie kaum noch Wasser aufnehmen. Experten sprechen dann von einer sogenannten Benetzungshemmung. Das erklärt auch, warum in Wadis gar nicht so wenige Menschen ertrinken. Wenn in der Wüste mal Niederschlag fällt, entladen sich teils heftige Regenfälle. Wenn es zu Starkregenereignissen kommt, ist der Boden überfordert. Es dringt zwar Wasser in die Spalten und Risse ein. Aber die kleinen Poren im Boden sind nicht aufnahmefähig. Das führt dann dazu, daß der Boden gar nicht richtig benetzt, richtig durchfeuchtet wird. Damit droht bei Regenfällen schnell das Risiko der Überschwemmung. Dann kann der Regen viele Liter pro Quadratmeter bringen.
Interessant ist die offensichtliche Bindung des Pharaonenziegenmelkers an diesen doch sehr überschaubaren Bereich. Wenn ein Pharaonenziegenmelker sich in die Enge gedrängt fühlt, fliegt er z.B. nicht einfach über die auf einem Damm verlaufende Straße zur anderen Seite, sondern umfliegt den Fotografen und landet dann im spärlicher bewachsenen Ende des Wadis. Zum Habitat muß man sagen, daß es ja ein reiner Glücksfall war, daß wir an dieser Stelle eine kurze Pause eingelegt hatten. Dann trotzdem auf Anhieb Pharaonenziegenmelker, und dann auch noch 3 Individuen, festzustellen, könnte natürlich dafür sprechen, daß die Pharaonenziegenmelker viel weiter verbreitet sind, als es die spärlichen Meldungen – u.a. in eBird – bisher vermuten lassen. Vom Habitat ist dieser Wadi allerdings auch überhaupt nicht mit irgendeiner Stelle entlang des Nasser-Stausees, die wir bisher gesehen haben, vergleichbar. Die Aufnahmen sind insgesamt sehr produktiv; wobei bei den Flugaufnahmen insbesondere sehr viel Ausschuß dabei ist.
Die Pharaonennachtschwalbe wirkt erstaunlicherweise eher gräulich und nicht so braun, wie er in den einschlägigen Büchern (wie dem Kosmos Vogelführer „Alle Arten Europas, Nordafrikas und Vorderasiens“ von L. Svensson, P. Grant, K. Mullarney und D. Zetterström) als Pharaonenziegenmelker dargestellt wird. Ein echtes Highlight.
Noch nachzutragen ist, daß der Pharaonenziegenmelker auch Laute ausgestoßen hat. Es klang so wie quaaak, quaaak. Es entspricht nur entfernt, den Rufen, die ich aus xeno-canto mitgenommen habe.
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