Kaukasusbirkhuhn in Sivrikaya/ Nordost-Türkei

Plötzlich fliegt ein männliches Kaukasusbirkhuhn (Tetrao mlokosiewiczi) vor unseren Füßen auf. Mit kraftvollen Flügelschlägen aber ohne vernehmbares Geräusch hebt sich der Hahn aus dem Rhododendron heraus, gewinnt nur leicht an Höhe und gleitet dann mit waagrecht gehaltenen Flügeln und hängenden Flügelspitzen den spärlich bewachsenen Hang hinunter. Dem ersten Kaukasusbirkhuhn folgen noch 7 weitere; alles Männchen. Die Vögel fliegen eine ganze Weile in Formation den Hang hinunter, sodass wir die Vögel ausgiebig sehen können. Wir sind jetzt auf 2.750 m NN und es ist 10:20. Im weiteren Verlauf scheuchen wir noch jeweils 2 weitere Männchen des Kaukasusbirkhuhns auf. Jetzt bin ich auch mit der Kamera schneller. Wunderschön fliegt der schwarze Vogel mit dem rosafarbenen Augenfeld vor den in verschiedenen Grüntönen changierenden alpinen Landschaft den Hang hinunter. Die hängenden, eingedrehten Schwanzspitzen sind genauso gut zu sehen wie die weißen Unterdecken.

 

Steil geht der Track oberhalb des Dörfchens Sivrikaya den Berg hoch. Er führt uns zu einem aufgegebenen Dorf führt, das diesmal tatsächlich verlassen ist. Wir stellen den SUV im oberen Teil des Dorfes ab. Es ist mit 12°C noch morgendlich frisch; ein leichtes Windchen weht. Traumhafter Himmel ganz in blau. Alles ist stark mit eutrophen Pflanzen überwuchert. Oberhalb des Dorfes sehen wir die Berghänge schon mit ihren Rhododendren-Teppichen, auf die wir es abgesehen haben.

 

Wir gehen mit unseren Wanderstöcken den Berg hoch direkt hinter dem verlassenen Dorf. Ein Pfad ist nicht erkennbar, aber die Vegetation besteht weitgehend aus einer alpinen Wiese, die gut durchquert werden kann. Die Blumenpracht ist alleine schon einen Spaziergang wert. Wir laufen genauso wie es auf der Karte von Tjeerd Burger im Tripreport über Turkey, 15 July- 4 August 2013 beschrieben ist. Zuerst geht es gut die Hänge oberhalb des Dorfes hinauf. Der Rhododendren grüßt uns schon von weitem. Spuren (Federn oder kleine Gruben) von Birkhühnern finden wir aber nicht. Ich halte hin und wieder an, um die Hänge zu scannen, aber es ist nichts los. Auch keine anderen Vögel. Nach einer Weile werde ich doch ein wenig nervös, ob wir wirklich am richtigen Platz sind. Aber auch an den anderen Stellen, die sonst in den Tripreport beschrieben werden, hatten wir ja keine Vögel gefunden. Vielleicht sind die Vögel tief in den Rhododendren verschwunden.

 

Wir sind schließlich auf 2.700 m NN. Ein ganzer Teppich an Rhododendren zieht sich den Berghang entlang. Das meiste ist noch im Schatten. Wir müssen nun beginnen, hangparallel versetzt zu gehen. Der Hang hat seine Schräge, scheint aber doch nicht so steil zu sein. Wenn man dann allerdings zwischen oder auf Zwerg-Rhododendron läuft, merkt man doch, wie anstrengend die Durchquerung eines solchen Feldes ist. Aber als wir durch das erste Rhododendrenfeld durch sind, haben wir immer noch keinen Vogel zu sehen bekommen. Wir sind nun auf 2.730m NN.

 

Ich merke, daß ich immer weiter nach oben abdrifte. Nun liegt noch ein Rhododendrenfeld in einem noch steileren Hang vor uns. Hier ist der Rhododendron höher, fast kniehoch. Das wird das Laufen noch weiter erschweren. Eine kleine Rast vor dem nächsten Feld. Wir gehen die ersten Schritte nach vorne und plötzlich fliegt ein männliches Kaukasusbirkhuhn vor unseren Füßen auf. Dem ersten Kaukasusbirkhuhn folgen noch 7 weitere; alles Männchen. Die Vögel fliegen eine ganze Weile den Hang hinunter, sodass wird die Vögel richtig sehen können. Super, wir sind nun auf 2.750 m NN. Leider habe ich die Kamera nicht aus dem Rucksack genommen. Das wird mir im weiteren Verlauf nicht passieren. Den größten Teil des Rhododendrenfelds haben wir ja noch vor uns. Endlich ist es uns aber gelungen, diese schwierige Zielart festzunageln. Was für eine Erleichterung! Im weiteren Verlauf scheuchen wir noch jeweils 2 weitere Männchen des Kaukasusbirkhuhns auf. Jetzt bin ich auch mit der Kamera schneller. Wunderschön fliegen die schwarzen Vögel vor der alpinen Landschaft den Hang hinunter. Die hängenden, eingedrehten Schwanzspitzen kann ich genauso super sehen wie die weißen Unterdecken. Aber für mehr als Abflugbilder des Kaukasusbirkhuhns reicht es dann doch nicht. Die Frage ist: wo sind die Weibchen?

 

Das Kaukasusbirkhuhn bewohnt die subalpinen Höhen im Pontischen Gebirge südlich der östlichen Schwarzmeerküste. Anscheinend ist es am häufigsten, und vielleicht in erster Linie auf die Nordhänge des Nordgrats beschränkt. Vielleicht hat es damit zu tun, das diese Hänge den meisten Niederschlag erhalten. Die Verbreitung konzentriert sich auf Hänge mit einer ausgeprägten Zwerg-Rhododendron/Birken-Buschdecke unterhalb der alpinen Kräuterzone. Die Höhenlage kann saisonal abhängig zwischen 1.500 und 2.900 m NN liegen. Die männlichen Kaukasusbirkhühner kamen im konkreten Fall Anfang September auf einer Höhe zwischen 2.700 und 2.800 m NN – also am oberen Limit der regulären Verbreitung – vor. Sie kamen alle aus dichtem, kniehohen Zwergrhododendron weitgehend ohne Beimischung anderer Pflanzen herausgeflogen. Auffallend war noch, daß die Hühner unterhalb eines Bergsturzes aus der Vegetation aufflogen, was für Rasthabitat in einer im Vergleich zur Landschaft rundherum für eine weniger exponierte Lage spricht. Ein Vertrauen auf die gute Deckung war ganz offensichtlich. Einmal aufgescheucht flogen die Vögel aber so weit außer Reichweite, das eine Nachsuche keinen Erfolg versprach. Wer Kaukasusbirkhühner außerhalb der Brut-/Balzsaison sehen will, sollte sich vorbereiten, morgens auf ausreichend Tageslicht zu warten und anschließend die vor einem liegenden Hänge hinaufzugehen und dann versetzt die Hänge zu queren.

Die Landschaft im Nordosten der Türkei ist atemberaubend. Alpine Gipfel, Bergwälder und Almwiesen wechseln sich ab.

In der Nähe verlief einst eine historische Seidenstraßenquerung über den Ovit-Paß in den Kaçkar-Bergen. Dieser einzigartige, gebirgige Teil der türkischen Schwarzmeerküste weist neben der Natur einem Mangel an großen Hotels, lauten Menschenmassen oder ausgebauten Ski-Pisten auf.

Die Gegend um Sivrikaya in den Pontic Mountains der Provinz Rize ist die Heimat von zwei ganz besonderen Arten. Nun fehlt noch das Kaspikönigshuhn (Tetraogallus caspius).

 

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