Weißer Kranich im südlichen Brandenburg

Ein ganz normaler schmuddeliger Novembertag. Auf einem Feld stehen Kraniche (Grus grus) mit Graugänsen (Anser anser). Mittendrin ein ganz weißer Vogel, der auch größer zu sein scheint. Mein Herz scheint still zu stehen. Weltweit gibt es eigentlich nur zwei Kranicharten, die ein fast ausschließlich weißes Federkleid tragen. Der Schneekranich (Leucogeranus leucogeranus oder Grus leucogeranus) und der Schreikranich (Grus americana). Gerade Grus leucogeranus ist inzwischen sehr selten geworden. Außerdem ist er in Asien und der andere weiße Kranich in Nordamerika beheimatet. Von dem her wäre es eine große Seltenheit, bei uns in Europa einen weißen Kranich zu entdecken. Kurze Zeit später mit dem Blick durch das Spektiv ist aber klar, daß der weiße Kranich auf dem Feld zu der heimischen Kranichart, dem „normalen“ Kranich, auch Graukranich genannt, gehört

Konkret handelt es sich um einen leuzistischen Kranich. Das heißt, diesem Kranich fehlen die Melanozyten (farbstoffbildende Zellen). Diese Defekt-Mutation führt dazu, dass keine dunklen Pigmente gebildet werden können. Im Gegensatz zum Leuzismus besitzen Albinos Melanozyten, diese sind aber unfähig den Farbstoff Melanin zu bilden. Leuzismus ist eine Defektmutation bei Tieren, die dazu führt, dass das Fell (oder die Federn) weiß und die darunterliegende Haut rosa ist, da die Haut keine Melanozyten (farbstoffbildende Zellen) enthält. Leuzistische Vögel haben ein mehr oder weniger weißes Gefieder, weisen jedoch auch an Augen und Beinen immer Pigmentierung auf. Bei Albinos fehlt die Pigmentierung völlig, weshalb Augen dann rötlich, Beine und Füße eher fleischfarben erscheinen. Für einen richtigen Albino wirken die Augen dann doch zu dunkel (nicht rötlich) während Beine und Füße klar hellorange erscheinen.

In Europa werden zwar häufiger Individuen verschiedener Arten mit solchen Farbabweichungen beobachtet, auch bird-lens.com hatte bereits über einen sehr hellen Buchfinken (Fringilla coelebs) und über einen durch Zypern ziehenden Neuntöter (Lanius collurio) berichtet. Generell sind Vögel mit diesen Farbdefekten aber sehr selten.

So ergab eine Recherche zur generellen Häufigkeit albinotischer und leuzistischer Neuntöter, die Günter Barth und Günter Nicklaus im Artikel „Zur Beobachtung eines leuzistischen Neuntöters, Lanius collurio im Noswendeler Bruch“ in Lanius 35, 2014: S. 53–57 anstellte, ergab für die Zeit von 1950 bis 2012 insgesamt nur zwölf Fälle.

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