Noch vorgestern wurden die Jungen an der Brutröhre gefüttert. Immer wieder steckten junge Kleinspechte (Dendrocopos minor) ihren Kopf aus dem Loch einer abgestorbenen, gar nicht so dicken Erle (Alnus sp.). Gestern war die Fütterungsaktivität an der Bruthöhle eingestellt. Das Brutloch schien aufgemeißelt, Rinde abgehebelt zu sein. Schnell kam die Befürchtung hoch, daß sich hier ein größerer Specht an der Kleinspecht-Höhle zu schaffen gemacht hatte und vielleicht sich sogar die Jungen als Beute geholt hatte. So ein Verhalten ist durchaus vom Buntspecht (Dendrocopos major) bekannt, der gar nicht weit weg in einer Kiefer (Pinus sylvestris) seine Bruthöhle hatte. Laute Rufaktivität am Vortag (also am letzten Tag der Fütterungsaktivität) der Eltern und ein in der Nähe sitzender Buntspecht ließen bei mir Befürchtungen laut werden.
In kurzen Zeitabständen waren über einen wochenlangen Beobachtungszeitraum die Eltern der jungen Kleinspechte sehr aktiv bei der Fütterung an der Bruthöhle gewesen. Am Anfang war es ein sehr unscheinbares Kommen und Gehen der Eltern. Später hörte man die Jungen leise rhythmisch rufen. Trotzdem waren die jungen Kleinspechte erst zum Ende der Fütterungen gut zu hören.
Nun schien der Platz verwaist. Da vernahm ich die rhythmischen Rufe, die den Gesang des Kleinspechts charakterisieren. Ob sich die Eltern mit Paarungsgesängen wieder in Stimmung bringen? Ob sie zur Nachbrut schreiten? Doch dann stellte sich heraus, daß das unablässige rhythmische Rufen, ein helles, auf einer Tonhöhe bleibendes „Kikikiki“, das aus unablässigen Einzelelementen zu bestehen schien, deutlich feiner, ja leiser, war als es vom harten Anschlag des Gesangs des Männchens (oder auch des Weibchens) im zeitigen Frühjahr bekannt ist.
Es hätten also doch die Jungen sein können. Und siehe da. Nach einigen geduldigen Sucherei in den Wipfeln junger, aber hochstehender, Kiefern sah ich einen Jungvogel. Er hatte sich so eng an den Stamm geschmiegt und dann auch noch die langen Kiefernnadeln zur Deckung genutzt, dass er nur sehr schwer zu entdecken war. Aber durch die unablässigen Rufe konnte ich ihn entdecken. Eindeutig ein junges Exemplar. Die schmutzig-rote Frontkappe war schön zu sehen. Der Vogel wirkte wie ein verwaschen-schmutziges Abbild des Männchens. Gefüttert wurde der Jungvogel nicht. Von Zeit zu Zeit sah ich ihn Kleinstlebewesen von der Rinde pinzettenartig abpicken. Gefüttert wurde der Vogel während der Beobachtungszeit nicht; Altvögel waren auch nicht in der Nähe auszumachen.
Zur Aufnahme verwendete ich die Canon EOS-1DX Mark III mit dem Canon-Objektiv EF 600/4.0 L IS II USM auf einem FlexShooter Pro-Kopf, der auf meinem Gitzo-Stativ Systematic GT 3542 XLS – einem großen Carbonstativ – montiert war.
Durch Geduld und konsequente Begehung konnte ich nun neben den Kleinspechten auch die jungen Raubwürger (Lanius excubitor) einen Teil ihrer Jugend begleiten. 10 Tage früher war lautes, klagendes Rufen aus einem Weidengebüsch am Rand eines Feuchtgebiets direkt an der kanalisierten Nuthe geschallt. Kleine kurzschwänzige, kontrastreich schwarz-weiß gezeichnete Vögel schlüpfen laut rufend durch das Geäst hindurch. Schnell stellt sich raus. Es waren die jungen Raubwürger, deren Eltern ich beim Nestanflug in einer Echten Mispel (Mespilus germanica) auf ca. ¾-Höhe einer hochgewachsenen und schon belaubten Pappel bereits beobachtet hatte.
Die Familie hielt sich auch nach dem Ausfliegen aus dem Nest, in der sogenannten Führungszeit, in der Nähe des bereits im Blog über das Raubwürger-Nest auf. Bei der damaligen Entdeckung hatte ich mich auf einem Hochstand positioniert und konnte mit Hilfe eines Spektivs eine Baumreihe genauer in den Blick nehmen. Das Nest des Raubwürgers konnte nur durch die Anflüge vermutet werden. In der Mispel selber war das Nest nicht zu erkennen. Immer wieder steuerten zwei Altvögel das Nest an, verharrten manchmal unterhalb des Nestes oder waren nur durch die schwarz-weiß-grauen Schwanzfedern, die zwischen den Mispeln herausschauten, zu erahnen.
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