Ab dem Zeitpunkt, an dem wir den Hafen von St. Mary’s verließen, begann die Besatzung mit dem “Anfüttern”, einer Praxis, die dafür sorgt, dass vom Heck des Schiffes ständig Futter geworfen wird, um Seevögel anzulocken. In diesem Fall in Form kleiner, mundgerechter Brotstücke und Mehlwürmern. Das dienst dazu, Seevögel anzulocken. So nah an Land sollen vor allem Möwen angelockt werden, die während der gesamten Fahrt hinter dem Schiff bleiben und dem Schiff praktisch kontinuierlich folgen. Die Möwen stehen zwar nicht im Mittelpunkt des Interesses, doch sollen sie wie eine Flagge wirken und weitere Seevögel in die Umgebung des Schiffes locken. Mit mindestens 50 großen Möwen, darunter zwei
Mittelmeermöwen (Larus michahellis) und den vielen Silbermöwen (Larus argentatus) im Schlepptau des Bootes dauert es nicht lange, bis die erste Raubmöwe auftauchte, die halbherzig die Silbermöwen und Lachmöwe (Larus ridibundus) um das Boot herum verfolgte, bevor sie nach Südwesten abzog. Dies war eine von nur einer Handvoll Skuas (Catharacta skua), die ich im Laufe der Woche zu Gesicht bekam, und eine von ihnen zog es vor, nur wenige Meter über dem Deck in der Luft zu stehen, was einen atemberaubenden, unverstellten Blick ermöglichte, der aber nur kurz währte.
Glücklicherweise war dies bei unserer nächsten Begegnung nicht der Fall. Ein Dunkler Sturmtaucher (Puffinus griseus), der erste von einem Dutzend, die im Laufe der Woche beobachtet wurden, zog in einer Entfernung am Boot vorbei, die weit genug war, um ihn für den größten Teil einer Minute im Blick zu behalten, aber nah genug, um die Details des Gefieders zu erkennen. Dunkler Sturmtaucher brüten hauptsächlich im Süden Chiles, auf den Falklandinseln, im Südosten Australiens und in Neuseeland. Man kann nur darüber staunen, dass die im Atlantik lebenden Brutvögel eine erstaunliche 30.000 km lange Äquatorwanderung unternehmen, die sie nach Norden bis nach Großbritannien führt, bevor sie in den Süden zu ihren Brutgebieten zurückkehren.
Nachdem die MV Sapphire eine Position etwa 8 km südöstlich der Inseln erreicht hatten, wurde der Motor abgestellt und mit dem Anfüttern begonnen. Es war an der Zeit, sich die Nase zuzuhalten, als ein großer, gefrorener Block aus zerkleinerten Sardinen, Mehlwürmern und Fischöl aus einem robusten Plastikbehälter herausgeholt, in ein Netz gelegt und über den Bug gehängt wurde, damit er im Meer treiben konnte, während das Boot langsam abdriftete. Das Ergebnis ist eine allmähliche Freisetzung des öligen Inhalts, so dass ein breiter “Schlick” entsteht, der sich bis zu 200 m vom Boot entfernt erstreckt. Dieser ist gut sichtbar, da er die Wasseroberfläche verändert und sie glatter und reflektierender macht. Das ist ein Effekt, der vor allem durch den Fischölanteil verursacht wird. Der “Duft” des öligen Abschaums kann von Seevögeln aus großer Entfernung wahrgenommen werden, und es dauert nicht lange, bis einige Sturmschwalben angelockt wurden. Plötzlich ertönte ein Ruf von der Backbordseite: Wilson’s, Buntfuß-Sturmschwalbe (Oceanites oceanicus). Dieser Vogel war bis vor kurzem der Stoff, aus dem die Träume der meisten Vogelbeobachter sind, die sowohl pelagische als auch landgestützte Seebeobachtungen durchführen. Einst vom British Birds Rarities Committee als Seltenheit eingestuft, wurde die im englischen Wilson’s Storm-Petrel genannte Sturmschwalbe 2006 von der Liste gestrichen, als die Zahl der Nachweise deutlich zunahmen. Ausschlaggebend dafür waren die frühen Hochsee-Ausflüge vor Scilly, die den wahren Status der Buntfuß-Sturmschwalbe als regelmäßiger, wenn auch seltener Herbstzugvogel vor Südwestengland offenbarten.
Der Vogel sauste außergewöhnlich schnell vorbei und weigerte sich, sich auch nur annähernd zufriedenstellend beobachten zu lassen. Aber es war noch nicht alles verloren. Minuten später zog ein weiterer Vogel auf derselben Seite am Boot vorbei, diesmal viel näher, und ließ seine charakteristischen gelben Schwimmfüße aufblitzen, bevor auch er in den Wellen verschwand.
Trotz seiner geringen Beobachtungshäufigkeit in Großbritannien, schätzt man die Weltpopulation auf etwa 50 Millionen Paare, die auf den Inseln und an den Küsten des antarktischen Kontinents brüten und im nördlichen Sommer in den Nordatlantik ziehen, wo sie häufig vor der Küste Nordamerikas anzutreffen sind. Von einer Seltenheit kann man also nicht wirklich reden. Das gilt erst recht für die immer wieder anfliegenden Schmarotzerraubmöwe (Stercorarius parasiticus), die sich einen „Spaß“ daraus machen, den Sturmtauchern oder auch den anderen Möwen ihre Beute abzujagen. Gegen die wendige, aggressive Schnelligkeit der Schmarotzerraubmöwen ist fast kein Kraut gewachsen.
Um die wachsende Nachfrage nach Top- Aufnahmen der selteneren Arten der Paläarktis zu bewältigen, ist Bird-lens.com bestrebt, das Spektrum der Bilder von Vögeln der Westpaläarktis weiter auszubauen. Trips zu abgelegenen Orten, um Bilder von seltenen Vögeln der Westpaläarktis zu machen, waren sehr erfolgreich. Ebenso bringen Ausflüge in die nähere Umgebung immer wieder schöne Eindrücke und manch seltene Beobachtung, die – wenn es gut läuft – auch mit Fotos gekrönt werden kann. Das schöne Bild des Blogs hätte fast sogar Eingang in eines von Bob Floods Büchern gefunden. Im Buch Multimedia Identification Guide to North Atlantic Seabirds – Vol. 4 – Shearwaters: Jouanin & White-chinned Petrels von Bob Flood und Ashley Fisher konnte bird-lens.com immerhin mit einem Kappen-Sturmtaucher (Puffinus gravis) beim „Segeln“ in den Wellentälern bei hoher See dienen.
Das Bild des Sturmtauchers ist nur ein erster Eindruck, was Sie in der Galerie im “Picture Shop” sehr bald finden können. Hinterlassen Sie doch einfach eine Nachricht, wenn bird-lens.com mit einem Bild dienen kann.