Wir laufen entlang eines schmalen Kiesstrandes mitten an Montenegros Adria. Hier hatten wir schon viele Vögel gesehen. Wirklich bemerkenswert ist diesmal aber nicht nur ein Stelzenläufer (Himantopus himantopus), der auf dem groben Kies direkt an der Wasserlinie steht sondern auch noch ein Triel (Burhinus oedicnemus), den wir einige Male beobachten, weil er immer wieder am Strand etwas weiter entfernt einfällt. Der Triel fliegt zuerst über das Meer entlang nach Süden, um dann die Richtung zu ändern und wieder gen Norden zu fliegen. Plötzlich ist er verschwunden. Als ein Jogger bis zur Einmündung des Sumpfabflusses in das Meer läuft, fliegt der Triel dann doch noch einmal auf und ist schön über dem Schilf mit dem dinarischen Küstengebirge im Hintergrund abzulichten.
Buljarica liegt im zentralen Teil der montenegrinischen Küste, zwischen zwei Hügeln, Resovo brdo und Dubovica. Es ist die größte Bucht am montenegrinischen Teil der Adriaküste. Buljarica ist ja eigentlich eine Ansammlung von Häusern, die natürlich zusehends dem Tourismus weichen muß und um einige mehr oder weniger häßliche Bauten geziert wird. Der Weg in den Ort, damit zu Strand, ist schnell gefunden und dann sind wir schon nach etwa einen halben Kilometer bei dem in einigen Berichten beschriebenen, kleinen Sumpfgebiet (42.190008, 18.972276). Es ist deutlich wärmer als noch eine Woche vorher und natürlich immer noch vom Gewitter in den Bergen dicht bewölkt. Aber es scheint langsam aufzuklaren. Der Sumpf scheint schwer unter Druck zu sein. Eine Aufschüttung zeigt schon klar, daß hier auch gebaut werden soll. Zum Glück ist jetzt noch nicht viel los. Die richtigen Tourimassen kommen wohl erst noch. Nur einige Paare und Familien mit Kindern treiben sich auf dem kiesigen, für Sonnenanbeter wenig attraktiven, Strand herum.
Der ganze Buljarica-Komplex besteht aus einem gut 2 km langen Sandstrand, einem halb natürlich bewässerten Sumpfgebiet und aus Hügeln und steilen Hängen der Paštro-vska gora im Hinterland. Die bergigen Hänge sind Teil des Mount Sutorman. „Buljarica Marsh“ ist einer der wenigen verbliebenen brackigen Sumpfkomplexe an der Adriaküste. Einzigartig sind seine relativ gut erhaltenen Ökosysteme und eine Reihe von Tier- und Pflanzenarten mit eingeschränktem Verbreitungsgebiet und/oder bedrohten Tier- und Pflanzenarten, die dort entweder als Brüter oder während der Zugzeiten vorkommen. Ein großer Teil der Buljarica-Bucht ist ein Feuchtgebietsökosystem. Diese Art von Lebensräumen verschwindet an der montenegrinischen Küste schnell, hauptsächlich aufgrund der Ausweitung der Stadtentwicklung. Eine – sich abzeichnende – Verschlechterung der Artenvielfalt muß unbedingt verhindert werden, die die Bucht von Buljarica mit ihrer Meereszone erhält.
Im weiteren Verlauf sehen wir auch eine Grauammer (Miliaria calandra). Weit weg im Schilf ist dann doch mal der Drosselrohrsänger (Acrocephalus arundinaceus) zu hören. Von anderen Rohrsängern ist immer noch nichts zu hören geschweige denn zu sehen. Das Gebiet ist einfach erstaunlich rohrsängerleer. Die einzige Ausnahme bildet der Seidensänger (Cettia cetti), der aber auch kein Rohrsänger ist. Viele tief fliegende Rauchschwalben (Hirundo rustica) sind schön zu sehen. Zum Abschluß höre ich noch kurz den markanten Alarmruf der Zwergdommel (Ixobrychus minutus)
Der brackige Sumpf von Buljarica beginnt auf Meereshöhe und steigt langsam zum Festland an. Eine natürliche Senke und verschlungene ehemalige Entwässerungskanäle bilden ein Netz aus Schilf, offenen Wasserflächen und flachen Lagunen. Dieser Lebensraum ist essentiell für die hier lebenden Amphibien und Reptilien, insbesondere für die Westkaspische Schildkröte, auch Balkan-Bachschildkröte (Mauremys rivulata) genannt. Auch zahlreiche Insektenarten sind mit diesem Komplexhabitat eng verbunden. Im Hinterland des Strandes Buljarica erstreckt sich ein dichter Schilfgürtel, der sich allmählich in Wiesen und weiter in einen Wald aus Eichen, Sumpfeschen, Ulmen und Olivenbäumen verwandelt. Zusammen mit den ornithologisch außergewöhnlich bedeutsamen Reservaten des Bojana-Flussdeltas und der Salinen von Tivat ist Buljarica eines der letzten natürlichen und halbnatürlichen Ökosysteme, das eine hohe Bedeutung für Vögel aufweist. Ein Mosaik von Ökosystemen, bestehend aus verschiedenen Biotopen (Meer, Küstenstrand, Feuchtgebiet, Wald und Felshänge), bietet lebenswichtige Nist- und Nahrungsbedingungen für viele Vogelarten. Die Geländekonfiguration, die wie ein Amphitheater aussieht und von hohen und steilen Hängen der Paštrovska gora begrenzt wird, bietet zahlreichen Vögeln, die entlang der sogenannten Adria-Zugroute ziehen, einen Notunterschlupf und Rastplatz. Sein brackiges Feuchtgebiet ist zwar mit Schilf bewachsen, bietet aber dennoch gute Bedingungen für Überwinterungsvögel aus der Gruppe der Enten und Stelzvögel, wie man an den beiden beobachteten Limikolen sehen kann. Noch wichtiger dürfte das nahrungsreiche Meer für Taucher, Enten und Kormorane anzieht. Die Klippen am Rand werden von Eleonorenfalken (Falco eleonorae) besucht. Nach den verfügbaren Daten besteht die Vogelfauna von Buljarica mit den umliegenden Hügeln aus 178 Arten. Während einer achttägigen wissenschaftlichen Feldstudie wurde der Brutstatus für 93 Arten bestätigt.
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