Auf der Suche nach dem Borstenbrachvogel auf der Seward-Halbinsel/ Alaska

RegenbrachvogelEs ist 4:30. Ich werde auch ohne Wecker wach. Draußen ist es schon wieder – oder immer noch – hell. Es scheint schon wieder ein sonniger Tag zu werden. Beste Voraussetzungen also. Ich stehe dann auf und bin dann auch praktisch sofort bereit. Wir treffen uns alle in der Lobby zu einem Basic Frühstück neben der Rezeption. Abfahrt ist wenig später. Wir sind ganz allein auf der staubigen Piste. Ein super Licht. Wir fahren geradewegs der Sonne entgegen auf der Kougarok oder Taylor Road. Die Sonne geht gerade hinter der Bergkette auf. Nun geht es also los. Das Highlight sicher des Tages wenn nicht des Aufenthalts in Nome ist nun für Tag drei der Vogelbeobachtungstour in Nome angesagt. Auf der Liste steht der Bristle-thighed Curlew (Numenius tahitiensis) zu deutsch Borstenbrachvogel genannt. Dies ist einer der Vögel, der bei allen beteiligten Birdwatchern mit am höchsten auf der Liste steht. Es handelt sich schließlich um eine Art, die nicht durch die Vereinigten Staaten wandert, und daher nur in Alaska an ihren Brutgebieten zu sehen ist. Dieser mit dem Großen Brachvogel verwandte Art brütet nur in der inneren Tundra entlang des Yukon River und der auf der zentralen Seward-Halbinsel. Die Art überwintert auf Inseln im Südpazifik. Sie gilt zwar nicht als bedroht oder gefährdet, weist trotzdem aber nur eine Population von etwa 10.000 Exemplaren auf.

Wir fahren von Nome die Kourgarok Road zügig praktisch in einem durch. Traumhaftes Wetter. Immer wieder sticht die Morgensonne zwischen den Bergketten hervor. Wir kommen sehr gut auf der gut ausgebauten Straße voran. So sind wir in gut 90 Minuten in der Nähe des Meilenpfostens mit der Markierung 72 Miles. Es ist nun 06.30 Uhr und alle sind hoch gespannt. Wir sind auch gar nicht hungrig, trotzdem ziehe ich mir noch eine Banane und einen Müsliriegel rein. Der Eingang mit den malerischen Steinmännchen ist schnell gefunden und alle versammeln sich, um den im Gänsemarsch den Hang hoch zu stapfen.

Die Wanderung ist eigentlich war nicht schlecht und auch so weit, wie es manchmal beschrieben wird. Allerdings können sich die Wanderbedingungen schnell verschlechtern, wenn man von der trocken Tundra hoch oben auf dem Berg oder vom bergan führenden Pfad abkommt. Die Tundra besteht nämlich aus einem dichten Geflecht von niedrig wachsenen Weiden, Heidebeerensträuchern und wird in manchen Teile aus Bulten von Gräsern und ist von schlammigen, nassen Senken durchzogen. Jeder Schritt muss entweder auf Stabilität getestet werden. Oder man geht das Risiko ein, sich auf einmal einen halben Meter tiefer zu befinden als man eigentlich sein wollte. Ein ziemlich kräfteraubender Balanceakt. Es dauert ein wenig bis wir alle auf dem Bergkamm an der höchsten Stelle stehen. Die Übersicht über das langgezogene Plateau mit der schneebedeckten Bergkette im Hintergrund ist phantastisch. Ein traumhaftes Wetter herrschte, ein ganz kleines Lüftchen, keine Moskitos und Sonnenschein am frühen Morgen pur. Ich hatte etwas Befürchtung, zu warm angezogen zu sein. Aber es ist windig und kühl genug, um mich nicht zu warm zu fühlen. Zuerst werden wir durch ein Paar Wanderregenpfeifer (Pluvialis dominica) begrüßt. Das Männchen kommt uns rufend entgegen und wir achten natürlich darauf, sein unmittelbares Brutrevier nicht zu betreten. Ein paar Fotos des malerisch auf einer Bodenerhebung stehenden Vogels müssen trotzdem sein. Alle werden ganz aufgeregt, als wir in einiger Entfernung auf dem ausgedehnten Plateau einen hochbeinigen, langschnäbligen Vogel auf einem Hügel auf dem Grat des Berges stehen sehen. Aber Dave ist schnell entschlossen, daß es sich bei dem Vogel um den einen Regenbrachvogel (Numenius phaeopus), und nicht unseren Curlew handeln kann. Die beiden Vögel sind bemerkenswert ähnlich, aber gerade im Abflug erkennt man schön, daß der Whimbrel keinen blassen, braun-beigen Steiß aufweist. Wir entscheiden uns die Gegend so früh am Morgen großräumig abzulaufen. Das ist aus den schon beschriebenen Gründen gar nicht so einfach. Zur Entschädigung werden wir aber auch immer wieder von den hier oben wachsenden Pflanzen fasziniert. Es ist ein Farbkombination aus vielen niedrig wachsenden rosa-farbenen Bodendeckern, denn den wunderschönen Wholly Louswort (ein Läusekraut) sowie schließlich Blumen mit gelb und blau gefärbten Blüten. Es ist einfach toll, was in der Tundra wachsen kann.

Nach fast eineinhalb Stunden geduldigen Wartens verlassen wir den oberen Hügelbereich und beginnen den Hügel wieder hinunter zu stapfen. Aber John, einer aus unserer Gruppe, weist auf zwei Vögel, die zu Boden gingen. Wir alle packen unsere Ferngläser und die Kameras wieder aus und schauen intensiv in die Ferne. Leider wieder nur ein Regenbrachvogel (Numenius phaeopus), und nicht der heiß-ersehnte Curlew. Kurz darauf begann aber ein anderer Vogel in der gar nicht so weiten Ferne zu singen. In diesem Moment wissen wir, dass wir unsere Vogel gefunden haben. Zuerst ist der Vogel kaum mehr als ein Fleck am Horizont vor der Kulisse der schneebedeckten Bergkette. Aber zu unseren großen Freude, fliegt der Vogel fast direkt auf uns zu. Wow, das ist ein Borstenbrachvogel (Numenius tahitiensis), der da über die Tundra fliegt. Leider dreht der Bristle-thighed Curlew weit vor unserer Position wieder ab. So müssen wir diese Sichtung mal ohne Fotos verarbeiten. Das Bild des Blogs muß dann auch vom Whimbrel sein. Stolz und happy kehren wir dann nach einiger Zeit zum Auto, das an der Straße steht, zurück.

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