Zuerst gab es nur den heiseren Ruf “dschääh” oder “teck”. Dann stand das Männchen des Neuntöters (Lanius collurio) auch schon im dämmrigen Morgenlicht auf einem trockenen Ast eines Holunders (Sambucus nigra). Die schwarze Maske im grauen Oberkopf und der rotbraune Rücken waren schön zu sehen. Wenig später kam auch das Weibchen aus dem Dickicht. Das Weibchen zeigte sich mit seiner einfarbig rötlich braunen Oberseite und der rahmfarbenen mit einer kräftigen Schuppung versehenen Unterseite.
Neuntöter brüten bekanntlich in Hecken und Gebüschen der offenen Kulturlandschaft wie sie noch in vielen Teilen Deutschlands vorkommen. So auch am Oberrhein bei Dossenheim-Schriesheim. Vor allem das Männchen saß dann gut sichtbar auf seiner Holunderwarte. Von hier konnte das Revier gut überblickt werden. Das Weibchen schien immer etwas tiefer und auch immer etwas verdeckt durch Blätter zu sitzen. Der trockene Holunderast erschien ihm wohl zu exponiert zu sein. Nun, am frühen Morgen, wurde ohne Ortswechsel recht lange auf der gleichen Warte verharrt, unterbrochen mal von einer Putzeinlage. Nach einiger Zeit wurden immer wieder Jagdflüge unternommen. Die ansonsten als Nahrung so wichtigen Großinsekten waren am frühen Morgen wohl noch nicht aktiv. Jedenfalls schien die Beute fast unscheinbar zu sein. Trotzdem ließ sich das Weibchen vom Männchen füttern. Anfangs mit nicht zu großer Begeisterung, nach 2 Stunden bettelte es geradezu darum.
Auf die Fütterung folgte dann ein recht stabiles Ablaufschema. Kurz Zeit nach der Mahlzeit flog das Weibchen von seiner niedrigen Warte auf eine frisch gemähte Wiese vor dem Gebüsch und begutachtete zuerst in Hab-Acht-Stellung die nach dem Wiesenschnitt übrig gebliebenen Gräser und Halme. Dann zupfte sie vorsichtig, dann immer vehementer den Halm, den sie sich auserkoren hatte. Vielleicht noch einen zweiten Halm, dann noch einen.
Mit den Halmen im Schnabel flog sie auf, legte eine elegante Wendung vor dem Gebüsch hin, rüttelte kurz und verschwand im Sturzflug im dichten Unterwuchs direkt unterhalb des Holunders. Dort befand sich offensichtlich eine Nest-Baustelle. Denn nach einiger Zeit kam das Weibchen ohne Halme wieder hervorgeflogen. Die routinierte Abfolge der einzelnen Schritte veranlaßte mich, den Fokus auf einige Blüten des Unterwuchses zu legen, um das Neuntöter-Weibchen bei seinem Sturzflug in Flugaction zu erwischen. Das Bild des Blogs gibt darüber Auskunft.
Vor der Bebrütung des Geleges ist das Weibchen – wie in dem Fall – meist in der Nähe des Männchens zu finden. Es wäre interessant zu sehen, ob der oben beschriebene Ablauf auch bei anderen Paaren so zu beobachten ist. Das Nest des Neuntöters besteht aus Zweigen, Halmen und Moos. Er baut es bevorzugt gut geschützt in einen Busch.
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